WE NEED YOUR PRESENCE ON THE LONG ROAD
GOD, FATHER, SON AND HOLY SPIRIT
THE ROAD BETWEEN FEAR AND HOPE
THE ROAD BETWEEN THE PLACE WHERE ALL IS LOST
AND THE PLACE OF RESURRECTION.
LIKE THE DISCIPLES WALKING THE ROAD TO EMMAUS,
WE ARE IN NEED OF YOUR COMPANY!
STAND AMONG US, IN YOUR RISEN POWER
LET THIS TIME OF WORSHIP BE A HALLOWED MOMENT!
Dieses Gebet fast ganz gut zusammen was Anne Heitmann (Zentralausschussmitglied) und ich auf unserem 3-stündigen Spaziergang nach Bossey (eine Art erlebte Pilgrimage von Zentralausschussmitgliedern) letzten Sonntag auch feststellten: Ökumene ist ein Erlebnis, das ständig zwischen zwei Extremen zu schwanken scheint: totale Verzweiflung angesichts der schrecklichen Realitäten und Hoffnung und Mut durch gemeinsame Begegnung, Gebet und Gesang.
Meine erste Zentralausschusssitzung war ein Bad der Gefühle und die Pilgrimage, die auf der 10. Vollversammlung des ÖRKs in Busan “beschlossen” wurde scheint eine Herausforderung zu sein, für mich persönlich und für die ökumenische Bewegung. Aber eine Herausforderung scheint mir etwas besseres zu sein als ein Untergang, von daher ist das Leben und die Leidenschaft, die ich bei dieser Versammlung auch gesehen habe eine Ermutigung für eine dynamische und lebhafte Zusammenarbeit des Zentralausschusses in den nächsten Jahren.
In einem der Plenarien wurde über “Ökumenische Solidarität und gegenseitiges Teilen von Resourcen” gesprochen und in kleineren Arbeitsgruppen wurde darüber diskutiert, was Resourcen in unseren jeweiligen Kontexten sind und was es heisst sie zu teilen. Dabei erzählte ein Bruder aus Nigeria aus seinem Kontext, dass es das Erzählen ist von Momenten in denen man sich gesegnet fühlt. Es ist ein Teilen von Resourcen, wenn man diesen Schatz des “sich gesegnet” fühlen weiter erzählt und dieses “gesegnet sein” dazu benutzt andere Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass auch sie gesegnet sind.
Ich fühle mich in jedem Fall gesegnet als Mitglied des Zentralausschusses in Genf mit dabei gewesen sein zu können und möchte es nun als ersten Schritt meiner ökumenischen Pilgerschaft sehen mit den Lesern dieses kleinen persönlichen Berichtes ein paar Dinge/Momente zu teilen, die ich in Genf erlebt habe.
Als größtes Privileg an ökumenischen Begegnungen teilzunehmen sehe ich darin mit einer so großen Zahl von Schwestern und Brüdern aus verschiedenen Kontexten Gottesdienste zu feiern und zu beten. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, dass ich in “normalen” Gottesdiensten in deutschen Gemeinden so nicht erleben kann. Die Gebete auf verschiedenen Sprachen und die Gesänge hatten für mich vor allem in den ersten Tagen eine neue Tiefe und Schwere, da man ja in einem Raum sitzt mit Menschen, die aus Realitäten angereist waren in denen diese Gebete eine ganz andere und tiefere Bedeutung haben und man sich auf einmal über die einzelnen Worte mehr Gedanken machte.
Ganz deutlich wurde dieses Erlebnis mir auch in den “Bible Studies”. In einer “Bible Study” besprachen wir Apostelgeschichte, Kapitel 27, die Verse 1-44. Diese Bibelstelle spricht von dem Erlebnis einiger Schiffsreisender mit Paulus vor Kreta. Ich saß bei einer jungen koreanischen Beraterin des Zentralausschusses und jeder Satz des Bibeltextes erinnerte mich auf einmal an die schrecklich Fährenkatastrophe, die in Südkorea vor etwa zwei Monaten passiert war. Dabei waren über hundert Schüler in den Kabinen einer Fähre auf der Fahrt zu einem Schultripp ertrunken, weil sie auf Instruktionen des Kapitäns warteten, der das Schiff als einer der ersten verlassen hatte. Die Fähre war höchst wahrscheinlich gesunken, weil sie nicht ordnungsgemäß Sicherheitskontrollen unterzogen wurde und sich zu viele Transportgüter auf dem Schiff befanden. Insofern entsprach dieses Ergeignis mehr oder weniger eins zu eins der Erzählung des Bibeltextes, in dem Gier und Macht auch auf dem Boot das Leiden von vielen unschuldigen und gehorsamen Soldaten in dem Bauch des Schiffes verursachten. Diese konkrete Sprache der Bibel und das reale Leiden der anwesenden jungen Koreanerin in Solidarität mit den Familien der gestorbenen koreanischen Schülerinnen und Schüler berührten mich sehr. Dies war ein Beispiel dafür wie die Bibelauslegung auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens durch diese ganz konkreten und realen Erfahrungen von ökumenischen Schwestern und Brüdern belebt und angereichert werden kann.
Desweiteren boten einige Plenarien die Gelegenheit mehr über die Idee des Pilgerweges nachzudenken und von anderen kulturellen Assoziationen über den Pilgerweg zu lernen. Das Papier “An Invitation to the Pilgrimage OF Justice and Peace” bietet dazu eine theoretische Konkretion der Eigenschaften dieser Pilgrimage, die aus einer via positiva (celebrating the gifts), einer via negativa (visiting the wounds) und einer via transformativa (transforming the injustices) bestehen kann.
Um diese theoretischen Charaktereigenschaften der Pilgrimage mit Leben zu füllen wurden außerdem die folgenden Fragen gestellt:
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Wo sollen wir hinpilgern?
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Was ist unser Endziel, das wir versuchen zu erreichen?
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Mit wem erwarten wir zusammen zu pilgern?
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Wie sollen wir zusammen pilgern?
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Was nehmen wir mit uns auf die Pilgerschaft? (Und was lassen wir zurück?)
Die programmatische Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf wird sich dabei auf eine das Leben bejahende Wirtschaft, den Klimawandel und einen gerechten Frieden und Menschenrechte fokusieren. Regionale Schwerpunkte werden in den Jahren 2014 und 2015 dabei Syrien, Südsudan, Kongo und die koreanischen Halbinsel sein. Die Mitgliedskirchen wurden dazu ermutigt die Pilgrimage in ihrem Kontext individuell zu gestalten.
Für meine persönliche Interpretation der Pilgrimage war für mich ein Gespräch mit einer Schwester aus Burundi wichtig, das wir beim Mittagessen an einem der Konferenztage führten. Bei diesem Mittagessen erzählte sie mir über ihre Freiwilligenarbeit bei einem “Healing Project”, das sich mit den Opfern und Tätern des Genozids in Ruanda beschäftigt. Ihre Arbeit besteht hauptsächlich darin sich mit verschiedenen Menschen zusammen zu setzen und über eigene Verbrechen oder die Möglichkeit der Vergebung von Verbrechen nachzudenken. Wenn sich zwei Parteien dann dazu entscheiden zusammen zu kommen, um sich zu entschuldigen und die Entschuldigungen anzunehmen kann solch ein Treffen arrangiert werden. Dannach können sich die Betroffenden auch überlegen, ob sie es besser finden getrennte aber Wege ohne Hass zu begehen oder gemeinsam in Harmonie zu leben. Auch die Ansprache der Präsidentin für Asien, Sang Chang, sprach in ihrer Ansprache über den Konflikt zwischen Nord- und Südkorea über die Bedeutung von Vergebung für jede Konfliktlösung. Ihrer Meinung nach ist die Vergebung eine der wesentlichen Stärken von uns Christinnen und Christen, aber auch eine der schwierigsten zu praktizieren. Für jede Form von gerechtem Frieden, den wir auf unserer Pilgerschaft anstreben scheint mir daher die Praktizierung von Vergebung und dem Nachsinnen über eigene Vergehen maßgeblich zu sein.
Die Schwester aus Burundi gab mir außerdem auch einen persönlicheren Rat in dem sie sagte: “Wenn du einen Ehemann suchst, dann such dir jemanden, mit dem du gemeinsam auf die Pilgerreise gehen kannst, Hand in Hand.” Dies gab mir die Eingebung, dass neben all den strategischen Plänen, die für die Pilgerreise geschmiedet werden können auch eine ganz persönliche Einstellung wichtig ist, die dazu genutzt wird bei jeder persönlichen Entscheidung die Schwerpunkte und Richtungsweisungen der Pilgerschaft in Betracht zu ziehen. Es werden viele Entscheidungen zu treffen sein und wenn alle Pilger diese mit einer neu geformten Herangehensweise (beeinflusst von der Pilgrimage) treffen werden, wird dies schon einiges verändern. Dieses persönliche “committment” fand ich auch in einer anderen Pilgerschaftsgeschichte einer Schwester aus Armenien. Diese erzählte mir davon, dass armenische Christen traditionell eine Pilgerreise nach Jerusalem machen nach der sie sich ein kleines Kreuz auf die untere Seite des linken Ringfingers tattoowieren lassen. Warum dort? Weil sich dort die Vene befindet, die zum Herzen führt. Diese kleine Tattoowierung erinnert einen also immer daran, wie nah einem die Anliegen und das Leiden Christus (oder der Pilgerschaft) am Herzen liegen, ganz persönlich in allen persönlichen Entscheidungen. Denn so formulierte es ein Bruder aus dem Libanon: das Ziel unsere Pilgerreise muss das Kreuz sein. Es ist die Busse. Busse im Hebräischen und Altgriechischen heisst “zurück gehen”, so sagte er, und die Pilgerreise muss uns zu Jesus zurück und zurück zu den Punkten führen an denen wir uns getrennt haben.
Ein Bruder aus Indien erzählte im Plenum von der Assoziation von vielen Indern mit einer Pilgerschaft. In Indien gehen oft ganze Familien auf lange und harte Pilgerschaften in den Himalaya. Auf diesen Reisen ist Ausdauer, Geduld, gegenseitiges Stützen und Aufeinanderrücksichtnehmen wichtig. Es erinnerte mich an eine persönliche Erfahrung, die ich in Südkorea während meines Freiwilligen Sozialen Jahres gemacht hatte. Ich war mit einer Gruppe von Theologiestudenten für vier Tage im südkoreanischen Jeonlasan Gebirge bergsteigen. Diese studenlangen Wanderungen durch Schnee in der menschenverlassenen Berglandschaft gaben mir das Gefühl, dass nur die Natur und die Flucht aus Städten und zu sehr von Menschen überfüllten Orten einem die richtige Perspektive und die Schwachheit von uns Menschen bewusst machen kann. Die Natur und ihre Wertschätzung wird auf dem Pilgerweg wichtig und wegweisend sein. Oder wie es an anderer Stelle formuliert wurde: Menschen in reicheren Ländern mögen zwar materiell unabhängiger sein, aber sie müssen wieder lernen, dass alle Menschen nur von Gott abhängig sind und die Natur denke ich kann ein hilfreiches Instrument sein, um diese Erkenntnis zu erlernen.
Neben diesen interessanten, ermutigenden und bereichernden Erfahrungen, war es fuer mich auch interessant zu erleben wie die Bürokratie und das “langweilige” stundenlange Durchbuchstabieren von Formulierungen in “Public Issue Statements” oder Berichten des Finanzauschusses ein Teil dieser ökumenischen Bewegung sind. So beschloss der Finanzausschuss, dass zu den ethischen Richtlinien der Investmentstrategien des ÖRK das sogenannte “divestment” von fossil fuels hinzuzufügen sei. Über diesen Schritt, der auf das Wohlwollen von vielen Umweltorganisationen und Aktivisten stoss, wurde am Tag darauf im Guardian (einer der größten englischen Tageszeitungen) berichtet, da der ÖRK dadurch erhebliche Summen von Geldern ökologischer einsetzen möchte und somit auch als Vorbild seiner über 350 Mitgliedskirchen fungiert was noch weitreichendere Folgen nach sich ziehen könnte (und das alles durch einen hinzugefügten Satz in einem Bericht).
Ähnlich banal und burökratisch korrekt wurde das “Statement about a Nuclear Free World” vom Zentralausschuss angenommen, das den “nuklearen Exodus” (das Ende von ziviler und militärischer nuklearen Nutzung) als wesentlichen Bestandteil der Pilgrimage of Justice and Peace ausruft. Wenigstens mit Ablaus versehen wurde die Wiederaufnahme der “Dutch Reformed Church”, die wieder Mitglied des ÖRKs wurde. Ansonsten scheinen mir solch historisch und visionäre Beschlüsse und Schriften beinahe rauschlos in dem burökratischen und formalen Geschehen so einer Ausschusssitzung wie eine langweilige Belanglosigkeit einfach so vorüber zu streifen.
Eine Beobachtung, die mich nicht überraschte, aber eher wirklich enttäuschte war die sehr niedrige Repräsentation von jungen Menschen in den verschiedenen Kommissionen. Statt der 25%, die eigentlich erreicht werden sollten, waren es in den Listen, die uns im Nominierungsausschuss vorgelegt wurden nur 4%. Dabei war es mir nicht ganz durchsichtig, ob das Argument, das immer benutzt wurde, stimmte, dass die Mitgiedskirchen nicht genug junge Leute nominieren, um die 25% tatsächlich zu füllen, oder ob diese Listen, die unter der Leitung des Generalsekretärs zusammengestellt wurden den Aspekt der Jugend, die so dringend für eine Erneuerung auf diesem transformativen Pilgerweg gebraucht werden wird, schlicht und einfach (bewusst oder unterbewusst) vernachlässigten.
Nach dem ersten Schock über diesen Zustand, gab es die Gelegenheit für die neue Moderatorin des Zentralausschusses Agnes Aboum ihrer wirklich beeindruckenden Auftacktssrede (http://www.oikoumene.org/en/resources/documents/central-committee/geneva-2014/moderators-address), in der sie besonders auf die Rolle der Jugend auf der Pilgerschaft Bezug nahm, Taten folgen zu lassen. Nach einem Mittagessen, das Agnes mit uns jungen Delegierten hatte und bei dem wir ihr von der misslichen Lage der Unterrepräsentierung der Jugend in den Komissionen erzählen konnten, drückte sie ihre authentische Bestürzung darüber aus und mit ihrer Unterstützung war es möglich das “leadership team” des ÖRKs dazu zu bewegen allen Kommissionen vier Sitze hinzuzufügen, die mit jungen Menschen belegt werden sollen. Um dies zu tun, wird der Generalsekretär einen Brief an alle Mitgliedskirchen schicken, in dem er ausdrücklich um die Nominierung NUR von jungen Leuten bitten wird. Diesen Einsatz der Moderatorin und überhaupt ihr gesamter Auftritt überzeugten mich als junges Mitglied des Zentralausschusses das Worte und Taten, Authentizität und Überzeugung etwas verändern können. Leider musste Agnes Aboum am vorletzten Tag überraschend abreisen, weil ihr Mann ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Wie der Zentralausschuss am nächten Tag erfuhr, verstarb ihr Mann im Alter von nur 61 Jahren am darauffolgenden Tag. Am selben Abend hielt der Zentralausschuss eine Trauerandacht in der Kapelle des ökumenischen Zentrums ab. Dabei durften wir erfahren, dass Herr Aboum ein Landwirtschaftsökonom gewesen war und dass die Ehe von Agnes und Wilfried Aboum eine Konfessionen und Ethnien übergreifende Ehe gewesen war. Herr Aboum unterstützte außerdem die ökumenische Karriere von Agnes sehr wodurch sie dazu in der Lage war die vielen Reisen und ihr Engagement, das sie zur Moderatorin machte, zu tun.
Erfreulichere Neuigkeiten waren, dass zum ersten Mal in der Geschichte der “Faith and Order” Kommission eine Mennonitische Professorin in die Kommission berufen wurde. Dazu werden Martin Hein (PCCC), Melisande Schifter (CCIA), Cornelia Füllkrug-Weitzel (CCIA), Professorin Nuessel (Joint Working Group between the WCC and the Roman Catholic Church) und Christoph Anders (CWME) als Mitglieder der deutschen Kirchen in Kommissionen beteiligt sein.
Was ich von einigen Mitarbeitern des ÖRKs hörte war, dass die Arbeit des jetzigen Zentralausschusses wohl sehr effektiv und konfliktlos verlaufen war im Gegensatz zu vorherigen Jahren.
So kann man nur darauf hoffen, dass diese Zusammenarbeit trotz der nun nur alle zwei Jahre stattfinden Treffen des Zentralausschusses unter dem wiedergewählten Generalsekretär Olav Fykse Tveit weiter gedeihen wird. Mit diesem gemeinsamen Anliegen beteten die Mitglieder des Zentralausschusses in der Abschlussandacht:
WE ARE A FELLOWSHIP ON THE MOVE, A COMMUNITY OF PILGRIMS, WE JOURNEY TOGETHER TOWARDS LIFE IN ALL ITS FULLNESS. WE PRAY FOR GODS GUIDANCE AND INSPIRATION, SO THAT OUR PILGRIMAGE WILL OPEN US TO ONE ANOTHER THROUGH DYNAMIC AND CREATIVE INTERACTION FOR JUSTICE. GOD OF LIFE, LEAD US TO BE LIVING INSTRUMENTS OF YOUR JUSTICE AND PEACE!