Blockupy Frankfurt – gegen Polizeigewalt

Vor einer Woche fand die friedliche Blockupy-Demonstration in Frankfurt statt, die gewaltsam von der Polizei gestört wurde. Lest dazu einen Brief von engagierten Christ_innen, die daran teilgenommen haben:

 

Erklärung zur Blockupy-Demonstration am 01.06.2013 in Frankfurt

06.06.2013
Voll Wut, voll Trauer, voll Freude …

Am Samstag haben wir, Christ_innen verschiedenen Alters, verschiedener
Konfessionen, organisiert und unorganisiert, uns an der Demonstration
gegen das europäische Krisenregime in Frankfurt beteiligt.
Wir wollten unsere Ablehnung einer Politik deutlich machen, die in
vielen europäischen Ländern Menschen in Arbeitslosigkeit treibt, sie zu
Obdachlosen werden lässt, ihnen die Möglichkeit zu medizinischer
Versorgung nimmt und Bildungssysteme zerstört.
Wir wollten gegen eine Politik demonstrieren, die Menschen weltweit zu
unfreiwilligen Nomaden werden lässt, die auf ihren Wegen in eine
vermeintlich bessere Welt in Wüsten verdursten und in Meeren ertrinken.
Wir wollten gegen die kapitalistische Weltordnung demonstrieren, die
weltweit von Kriegen, von Umweltzerstörung, von
Menschenrechtsverletzungen profitiert. Und wir wollten in Frankfurt
deutlich machen, dass die strukturellen Unrechtsverhältnisse auch
sichtbar gemacht werden können: zum Beispiel an der Europäischen
Zentralbank.
Wir befanden uns in der Demonstration am Anfang, im antikapitalistischen
Block und direkt dahinter. Aber unsere Erfahrungen waren überall die
gleichen. Die Demonstration war kaum gestartet, als die hochgerüstete
Polizei oder besser Bürgerkriegsarmee, uns angegriffen hat; mit brutaler
Gewalt, Tritten, Schlägen, Schlagstockeinsätzen und Pfeffersprayattacken
zerschlagen und behindert, bevor sie überhaupt richtig losgegangen war.
Einen ganzen Tag lang wurden wir mit offensichtlichen Propagandalügen
überzogen: Es hätte Straftaten gegeben, massive Angriffe auf Polizisten,
der „schwarze Block“ sei auf Gewalttätigkeiten aus gewesen … Wir wissen
es besser, weil wir dabei waren: Ja, es gab einen schwarzen, vermummten,
verbrecherischen Block: Er bestand aus Polizisten aus verschiedenen
Bundesländern. Ja, es gab wütende Gewalt: sinnloses Verprügeln von
Demonstrant_innen. Ja, es gab die Drahtzieher: im hessischen
Innenministerium, in der Polizeiführung und im grün-schwarzen Senat. Am
03. Juni zählten die Demosanitäter über 320 Verletzte, die jüngsten im
Grundschulalter, die ältesten über siebzig.
Voller Wut und voller Trauer anerkennen wir die Aufhebung demokratischer
Bürger_innenrechte. Jetzt sehen wir noch deutlicher, dass das
kapitalistische System eine Religion ohne Aussicht auf Befreiung und
Erlösung ist. Aber unsere Wut ist größer als unsere Trauer. Denn wir
wissen, dass unser Widerstand legitim ist: nicht nur, weil wir ein
anderes Leben wollen, sondern weil zu viele auf der ganzen Welt
überhaupt um ihr Recht auf Leben gebracht werden – for a few dollars more.
Voller Freude halten wir aber auch fest, dass die Gewalt der
Herrschenden ins Leere gelaufen ist: So gut wie niemand hat sich den
Provokationsversuchen ergeben und zurückgeschlagen (was wir verstanden
hätten), niemand hat den Spaltungsversuch in „gute“ und „böse“
Demonstranten zugelassen, niemand hat sich die Überzeugung nehmen
lassen, für eine gerechte Sache auf der Straße zu sein. Im Gegenteil:
Mit jeder Stunde, mit der wir von unserem Recht zu demonstrieren
abgehalten wurden, wuchs eine großartige und in diesem Ausmaß
unerwartete Solidarität.
Ihr könnt uns prügeln und uns mit Pfefferspray eindecken, ihr könnt uns
verhaften und verfolgen, ihr könnt uns wie Untermenschen behandeln: Wir
werden wiederkommen, wir werden mehr sein und wir werden bunter sein.
„Habt Mut zu kämpfen, habt Mut zu siegen“ sagten uns unsere Freunde aus
Italien. Wir werden weitermachen – voller Freude über Eure kommende
Niederlage.

Dr. Michael Ramminger, Institut für Theologie und Politik
Cordula Ackermann, Theologiestudentin
Barbara Imholz, Religionslehrerin
Anna Maria Imholz, Schülerin
Jonathan Hansen, Theologiestudent
Ricarda Koschick, Lehrerin
Julia Lis, M.A.
Dr. Franz Segbers, Prof. für Sozialethik in Marburg
Gregor Böckermann, Ordensleute für den Frieden
Ute Schäfer, Pax Christi Idstein
Hermann Schaus, MdL Die Linke, Hessen
Dr. Andreas Hellgermann, Lehrer
Hartmut Futterlieb, Religionslehrer
Andreas Luttermann, Lehrer
Dr. Katja Strobel, Theologin
David Hellgermann, Student
Philipp Geitzhaus, Befreiungstheologisches Netzwerk
Marjana Schott, MdL Die Linke, Hessen
Tomás Imholz, Student
Hartmut Käberich, Pfr.i.R.