Ein Traum geht in Erfüllung: 2016 wird es ein panorthodoxes Konzil geben – erstmals seit der Spaltung zwischen Ost- und Westkirche 1054. (Quelle: Domradio)

Orthodoxe Kirchen planen erstmals seit Jahrhunderten ein Konzil : Durchbruch in Istanbul

Die Vorbereitungen laufen bereits seit mehr als 50 Jahren, doch erst jetzt ist es beschlossene Sache: 2016 wird es ein panorthodoxes Konzil geben – erstmals seit der Spaltung zwischen Ost- und Westkirche 1054.

Das vereinbarten der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., und die Oberhäupter von elf orthodoxen Nationalkirchen in Istanbul. Die "Heilige und Große Synode der orthodoxen Kirche" soll die Einheit der Orthodoxie stärken und ihren künftigen Kurs festlegen – und wird damit auch Folgen für den Dialog mit Katholiken und Protestanten haben.

Der katholische Ostkirchenexperte Johannes Oeldemann sieht in dem geplanten panorthodoxen Konzil eine große Chance für die ökumenischen Beziehungen. "Es kann sich nur positiv auf den katholisch-orthodoxen Dialog auswirken, wenn die orthodoxe Kirche künftig mit einer Stimme spricht", sagte der Direktor des Paderborner Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Bisher hätten uneinheitliche Standpunkte der orthodoxen Kirchen den Dialog erschwert.

Innerorthodoxe Differenzen

Die jetzige Grundsatzentscheidung für ein gesamtorthodoxes Konzil 2016 verbessert laut Oeldemann die Vorzeichen für die im September im serbischen Novi Sad geplante Vollversammlung der katholisch-orthodoxen Dialogkommission. Auf ihr soll über den Vorranganspruch des römischen Papstes und die Mitwirkung von Bischöfen an der Kirchenleitung, die sogenannte Synodalität, beraten werden. Die "Gemeinsame Internationale Kommission für den theologischen Dialog zwischen der katholischen und orthodoxen Kirche" tagte zuletzt 2010 in Wien. Innerorthodoxe Differenzen, vor allem zwischen Konstantinopel und Moskau, standen bislang einem weiteren Treffen im Wege.

Seit Jahrzehnten rivalisieren Konstantinopel (Istanbul) und Moskau um die Führung der weltweit 250 Millionen Christen. Die erst Ende des 16. Jahrhundert zum Patriarchat aufgestiegene russisch-orthodoxe Kirche verweist unter anderem darauf, dass sie mehr als die Hälfte der Gläubigen stellt, rund 150 Millionen. Zudem gab es Streit um die Abspaltung der orthodoxen Kirche in Estland nach der staatlichen Unabhängigkeit 1991. Das Moskauer Patriarchat protestierte gegen deren Anerkennung durch Bartholomaios I.
"Zeichen der Auflösung"

Bereits Anfang der 1960er Jahre hatte es Bemühungen um ein neues orthodoxes Konzil gegeben. Die 15 eigenständigen orthodoxen Kirchen konnten sich lange nicht darüber verständigen, wie weit die Leitungsbefugnisse des Patriarchen von Konstantinopel innerhalb der Weltorthodoxie gehen sollen. Am Wochenende wurde nun entschieden, dass Bartholomaios I. zu dem Konzil einlädt und es leitet. Moskau setzte allerdings durch, dass es nur noch Konsens- und keine Mehrheitsbeschlüsse geben soll.

Patriarch Bartholomaios I. hatte zu Beginn der Versammlung am Donnerstag gemahnt, die innere Einheit der orthodoxen Kirche sei eine Voraussetzung dafür, der Welt von heute das Evangelium verkünden zu können. Bisweilen werde Außenstehenden der Eindruck vermittelt, dass die Orthodoxen sich nicht einmal darüber einig seien, wer "der Erste" unter ihnen sei, kritisierte er. Es gebe "Zeichen der Auflösung".

Daher dürfe die Einberufung des panorthodoxen Konzils nicht weiter aufgeschoben werden. Nach der orthodoxen Zählung wäre es das erste Konzil seit dem Jahr 787. Als wichtige Themen für das Konzil gelten die Frage der Rangordnung der einzelnen orthodoxen Kirchen sowie die Voraussetzung für die Erlangung der Eigenständigkeit einer Kirche. Im Mittelpunkt dürften jedoch wohl noch mehr Fastenregeln und eine Positionsbestimmung gegenüber der säkularen Welt stehen. Der Moskauer Patriarch Kyrill I. nannte zudem die Vertreibung von Christen aus dem Nahen Osten und Nordafrika, das Klonen und den Schutz der Familie als Themen.

Ein Komitee soll das Konzil von kommenden September bis Ostern 2015 vorbereiten. Im ersten Halbjahr 2015 ist zudem eine panorthodoxe Konferenz vorgesehen. Eine Hintertür für einen Rückzug gibt es noch: In der Schlusserklärung von Sonntag heißt es, das Konzil werde tagen, "außer es geschieht etwas Unerwartetes".
(KNA)